39 Schülerinnen und Schüler der zwölften Klassen machten sich am 14. Februar 2020 auf den Weg zu einer Premiere an der Deutschen Schule zu Porto: Eine Studienfahrt nach Krakau in Polen, verbunden mit dem Besuch der KZ-Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau. Warum gerade dorthin? Im Geschichtsunterricht behandelten wir das Thema Holocaust und viele Schülerinnen und Schüler zeigten großes Interesse, aber auch Unsicherheit und Verwirrung. Gemeinsam mit unseren Lehrern diskutierten wir dann die Möglichkeit, eine Fahrt nach Auschwitz-Birkenau zu organisieren und innerhalb kurzer Zeit wurde aus der Idee eine viertägige Studienfahrt, zu der uns D.Marina, Herr Dreyer, Herr Flender und Herr Ritter begleiteten. Untergebracht waren wir in einem schönen Hostel im ehemaligen jüdischen Viertel Kazimierz, von wo aus wir gut die Sehenswürdigkeiten der Stadt und günstige aber authentische Restaurants zu Fuß erreichen konnten.
(Thea Brabetz, 12A)
„Für mich persönlich war diese Reise mehr als eine Studienfahrt. In der vergangenen Woche hatten wir das schriftliche Abitur gerade hinter uns gebracht und den vielleicht stressigsten Monat in unserer bisherigen Schullaufbahn erlebt. Gibt es da etwas Schöneres als eine letzte gemeinsame Reise mit den Menschen zu unternehmen, mit denen man die letzten Jahre verbracht hat? Meine Erwartungen an die Reise wurden übertroffen, da das schöne Krakau mich sehr beeindruckt hat und ich erstmals die Architektur einer osteuropäischen Stadt kennen lernen durfte. Ich konnte hier nach dem schriftlichen Abitur mit meinen besten Freunden eine schöne und unbeschwerte Zeit verbringen und lernte eine andere Kultur kennen. Die günstigen Preise und das schöne Wetter haben noch ihren Teil zu der guten Stimmung beigetragen. Im Kontrast dazu stand unser Besuch der KZ-Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau. Obwohl wir durch den Unterricht gut vorbreitet waren und eigentlich wussten was auf uns zukommt, hat mich das Gesehene erschüttert…“
(Francisco Pérez, 12A)
„Wie kein anderer Ort steht das Vernichtungs- und Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau symbolhaft für die unfassbaren Verbrechen, welche von den Nationalsozialisten im Zuge des Zweiten Weltkrieges begangen wurden. Zum zweiten Mal besuche ich diesen Ort, erstmals allerdings gemeinsam mit Schulklassen: Soll und darf man SchülerInnen Auschwitz zumuten? Eine kontrovers diskutierte Frage in der Pädagogik. Die Reaktionen der Schülerinnen und Schüler auf das Gesehene fallen ganz unterschiedlich aus: Fassungslosigkeit, Erstaunen, Verwirrung, Wut, Trotz… Am Ende der sechsstündigen Führung bin ich mir jedoch sicher: Ja, man soll SchülerInnen Auschwitz zumuten, denn jeder, der dieses unglaubliche Verbrechen gesehen hat, wird zukünftig seinen Teil dazu beitragen, dass so etwas nie wieder geschieht. Die Führung, auf außergewöhnlich hohem Niveau und mit großer Empathie geleitet, mündet in einem wegweisenden Fazit: Auschwitz ist nicht nur ein Mahnmal der Vergangenheit, sondern kann auch als Symbol für Vergebung und Völkerverständigung gesehen werden.“
(Julian Dreyer, Lehrer)
„Man hört ein Motorrad vorbei rasen. Wir drehen uns danach um, die neongrüne Maschine verschwindet in der Landschaft. Es wirkt surreal und deplatziert hier, in unmittelbarer Nähe des Vernichtungslagers Birkenau. Nach der sechsstündigen Führung versuche ich mich unbewusst mit anderen Gedanken abzulenken. Mir fällt das Schild mit den Öffnungszeiten auf; Vergleich der polnischen mit der deutschen Sprache; Im Winter ist die Zeit für Besucher beschränkt: Logisch, die Kälte und die kurzen Tage. Ein komisches Gefühl überkommt mich wie in Trance. Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll, verdränge das, was ich gesehen habe, weil es zu viel ist. Wir laufen einige Meter zum Bus, begrüßen den Fahrer so, als wäre nichts gewesen. Wahrscheinlich nicht das erste und auch nicht das letzte Mal, dass er nach Auschwitz fährt. Statt ‚DSP-Julian Dreyer‘ steht vorne an der Scheibe dann ein anderer Name. Auf der Fahrt zurück nach Krakau schlafen viele – ob sie wohl das Erlebte in Träumen verarbeiten? Immer wieder blitzt ein Bild vor meinen Augen auf: Das Tor des Stammlagers mit dem zynischen Spruch ‚Arbeit macht frei‘. Wer die grausame Todesmaschine Auschwitz nicht mit eigenen Augen gesehen hat, kann sich die Ausmaße der Zerstörung menschlichen Lebens nicht vorstellen. Das innere Gleichgewicht wiederfinden, ist am schwierigsten. Aber wir müssen das Beste versuchen: Die Opfer ehren und unser Mitgefühl gegenüber den Menschen zeigen, die misshandelt, gefoltert und ermordet wurden, indem wir unser eigenes Glück im Leben wertschätzen. Jeden einzelnen von uns wird Auschwitz in Zukunft begleiten.“
(Sofia Barros, 12A)
„Die verbliebenen Haare, tausende Schuhe, abgenutzte Zahnbürsten und Rasierpinsel – Reste aus einzelnen Schicksalen von mehr als einer Million Opfern des NS-Terrors. In einem langen Korridor schauen mich die fotografierten Gesichter ehemaliger Häftlinge an, die in diesem Horror gelebt haben und die hier ermordet wurden. Sie mussten hier leiden; sie wurden von ihren Familien getrennt; sie wurden gefoltert und gequält. Ich habe einen Kloß im Hals und die Tränen laufen mir die Wangen herunter. Das alles kann einem nicht gleichgültig sein, die Geschichte darf nicht banalisiert werden.
Beim Gang durch Auschwitz und Birkenau konnte ich nur beten, beten für die Opfer, die Überlebenden, die Angehörigen, aber auch für die Nationalsozialisten, die die Monstrosität ihrer Taten nicht erkannten. Aber vor allem bete ich für die zukünftigen Generationen, die so etwas hoffentlich nie wieder erleben müssen. In Auschwitz waren Menschen keine Menschen mehr und sie waren sich dessen bewusst. Was man dort fühlte, wird nie durch Wörter beschrieben werden können, wird nicht einmal durch diesen Besuch vorstellbar. Aber ich weiß: Ich werde das, was ich in Auschwitz gesehen habe, nie vergessen.“
(Maria Carvalho, 12A)
„Wie kann ein Mensch so etwas einem anderen Menschen antun? Mit dieser Frage habe ich mich während der Führung in Auschwitz am intensivsten auseinandergesetzt. Ich habe keine Antwort gefunden. Obwohl ich ohne Antworten und schockiert Auschwitz verließ, habe ich ebenfalls etwas gelernt: Wir sollten unser Leben und unseren Alltag nicht für selbstverständlich erachten und wir sollten, auch wenn uns eine Ungerechtigkeit nicht direkt betrifft, helfend einschreiten.“
(Mariana Mattausch, 12A)
„Meiner Meinung nach muss man die Bewertung der Studienfahrt inhaltlich trennen: Einerseits haben wir mit Krakau eine interessante und schöne Stadt erlebt, in der wir gemeinsam viel Spaß hatten und die uns Herr Ritter durch seine tollen Stadtführungen nähergebracht hat. Andererseits haben wir mit Auschwitz eine der traurigsten Geschichten der Welt erlebt.“
(João Lorenz, 12A)
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